Matriarchat
Die Baumwipfelaffen waren so erfolgreich, dass sich Unterarten für den Waldboden abspalteten. Die spezialisierten sich auf Büsche, deren Früchte an dünnen Zweigen hingen. Zum Erklettern waren die Büsche zu dicht und die Zweige zu dünn. Das war die Lebensgrundlage für die Arten Sahelanthropus tschadensis, Orrorin tugensis und Ardipithecus ramidus. Sie konnten schon aufrecht stehen. Während des Fressens hielten sie sich zunächst mit ihren Armen an Zweigen fest und konnten die ersten Schritte wagen, ähnlich einem menschlichen Kleinkind im Laufstall. Dann erlernten sie den freien Gang von einem Busch zum nächsten. Das war der wahre Vorläufer des menschlichen Ganges.
Die gefundenen Gebisse zeigen, dass sie keine großen Eckzähne hatten. Im Vor-Matriarchat der Baumwipfelaffen hatten sich diese zurückgebildet. Doch die Gefahr war groß, dass es zu einem Rückfall in die Tyrannei der stärksten und brutalsten Männchen kam. Jedes starke Männchen konnte mit Gewalt die Herrschaft an sich reißen. Wie fast überall im Tierreich hätte er dann das Vorrecht, die Weibchen zu befruchten und seine Gene mit dem Bauplan "groß, stark, mächtiges Gebiss" weiterzuvererben. Die Funde beweisen, dass dies nicht geschehen ist, dafür gibt es nur eine Erklärung: ein Matriarchat.
Im Tierreich gibt es einige Arten, die mehr oder weniger von Weibchen angeführt werden, z.B. bei den Orcas (Killerwale), Erdmännchen, Elefanten, Lemuren und Bonobos (Zwergschimpansen). Matriarchate sind nicht einfach ein Spiegelbild der Patriarchate, sondern haben bei jeder Tierart ein andere Ausformung. Bei den Bonobos halten die Weibchen eng zusammen und treffen gemeinsame Entscheidungen. Die Männchen sind Einzelgänger, schließen sich nicht zusammen und folgen den Weibchen. Bei einem Ortswechsel wird kein Druck auf die Männchen ausgeübt. Wer nicht mitziehen will, kann an der alten Stelle bleiben. Dort gibt es natürlich keine Weibchen und das Männchen stirbt irgendwann, ohne seine Gene weitergegeben zu haben. Die Bonobos sind uns näher verwandt als die Schimpansen, 98,7 Prozent ihrer DNA stimmt mit der menschlichen überein.
Das Matriarchat der aufrecht gehenden Bodenaffen hatte verhindert, dass die sexuelle Auslese sich auf Körperkraft konzentrierte. Stattdessen geriet ein anderer Körperteil immer mehr in den Mittelpunkt der Evolution: das Gehirn.
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